Abschluss Seifenserie "Historische Seifen" Seife Nr. 4 Milchseife 1932 (CH)

Im Schaufenster könnt Ihr eure Seifen zeigen und die von anderen Mitgliedern kommentieren, Fragen zu ihnen stellen und Euch darüber austauschen.
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Skyler
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Abschluss Seifenserie "Historische Seifen" Seife Nr. 4 Milchseife 1932 (CH)

Beitrag von Skyler » So 24. Sep 2017, 09:45

Hallo Miteinander

Wer hat Lust auf eine Zeitreise in die Schweiz? Sie dauert ein bisschen und Kaffe mitbringen wäre nicht schlecht nicken_freudig:

"Zwei Seifen sind mir zu kompliziert" Zitat Albert Einstein auf die Frage hin, warum er zum rasieren und waschen die gleiche Seife benutzt. Vermutlich hätte mich Albert Einstein als sehr kompliziert eingeschätzt beim Anblick meiner Seifen neben den Waschbecken...

Beim Abschluss dieser Seifenserie über historische Seifen reisen wir von Deutschland aus in die Schweiz. Die Seifensiederei im späten 19. Jahrhunderts war vorallem durch die Herstellung von Putzseifen geprägt, wie es auch in vielen anderen europäischen Ländern der Fall war. Das besser erschlossene Eisenbahnnetz brachte aber dann auch im frühen 19. Jahrhundert interessante Öle für die Siederei in die Schweiz (Kokosöl, Palm- Palmkernöl, Olivenöl etc.). Nun ist auch klar, warum John Sharp Douglas in Hamburg sein Glück gefunden hat! Die schweizerische Seifensiederei hatte in Anbetracht der guten europäischen Konkurrenz einen schweren Stand - insbesondere die ausgzeichnete Savon de Marseille machte es den hiesigen Manufakturen schwer über längere Zeit Fuss zu fassen (Nachzulesen hier). Aus einigen kleinen Seifenmanufakturen wurden bedeutende Waschmittelkonzerne, andere schlossen ihre Türen für immer. Hier ist ein schöner bebilderter Bericht dazu - ein weiterer Bericht findet sichhier. Bedeutende Manufakturen in dieser Zeit waren Friedrich Steinfels AG, die Savonnorie Sunlight und die Seifenfabrik Sträuli - die Berichte sind teilweise herrlich bebildert. Die grosse Ladenkette in der Schweiz setzte auf Eigenproduktion - ebenfalls lesenwert (v.a. die brauchbare Waschanleitung dazu - etwas runterscrollen!)

Von der Steinfels Seife konnte ich auf einem Online-Markt eine ergattern und hab mich riesig über das antike Stück gefreut:

[ externes Bild ]

Sie zeigt keinerlei Ranz und ganz ehrlich gesagt, würde ich sie nur zu gern ausprobieren.

Bei meinen Forschungen bin ich auf etliche Patente gestossen, welche in der Schweiz ca. anfangs des 20. Jahrhunderts eingereicht wurden:

Patent für die Herstellung von Rasierseifen
Patent für das Füllen von Seifen
Patent für eine Vorrichtung und Verfahren, um aus flüssiger Seife Seifenpulver herzustellen

Es lohnt sich diese Patenteinreichungen zu lesen - es ist erstaunlich, wie erfinderisch die Menschen damals waren und wie einfach wir es doch heute haben, wenn wir Seifen sieden.

Weiter geht es nun mit unrühmlicheren Kapiteln in der Siedegeschichte. Auch rechtliche Streitigkeiten gab es einige:

Lux-Seife

Klage wegen unlauterem Wettbewerb und Markenrechtsstreigkeiten. Hier geht es um Parallel-Importe aus den USA der Luxseife, welche dann auf dem schweizerischen Markt günstiger verkauft wurden, wie die hiesig produzierten.

Es gibt noch eine weitere Klage, über die ich berichten möchte und damit schliesst sich sinnigerweise der Kreis meiner kleinen historischen Serie:

Eine Manufaktur eröffnete 1876 ihre Pforten in Winterthur. Der Inhaber hatte in der Seifenfabrik Sträuli (siehe oben) sein Handwerk gelernt. Er macht sich im Alter von 32 Jahren selbständig und eröffnete ein Geschäft unter dem Namen "C. Buchmann & Cie". Genau 27 Jahre später gab es eine Rechtsstreitigkeit mit der Firma Bergmann & Cie aus Deutschland. Denn auch die Firma aus der Schweiz hat eine Lilienmilchseife produziert. Über die Steckenpferd Lilienmilchseife habe ich in meinem ersten Beitrag erzählt. Vielleicht erinnert ihr euch noch, dass die Firma Bergmann diese Lilienmilchseife unter dem Namen Dada Lilienmilchseife hier in der Schweiz vertrieben hat? Dada heisst im übrigen zu gut Deutsch Steckenpferd und ist eine kindliche Bezeichnung aus dem französischen für ein Steckenpferd.

So kam es nun, dass die deutsche Firma Bergmann & Cie die schweizerische Firma verklagt hat im Jahre 1903, weil sie auch eine Lilienmilchseife produziert hat und den Namen "Lilienmilchseife" verwendet hat. Die deutsche Firma bekam in erster Instanz vor dem Gericht in Zürich recht. Die schweizerische Firma hat Berufung eingelegt und in 2. Instanz wurde entschieden, dass die schweizerische Firma den Begriff "Lilienmilchseife" verwenden darf. Die Firma Bergmann & Cie aus Deutschland hat dann vor der letzten Instanz, dem Bundesgericht Berufung eingelegt und das Bundesgericht hat die Klage der deutschen Firma abgewiesen. Die Lilienmilchseife der Firma Buchmann & Cie durfte weiter produziert werden. Nachzulesen ist diese gerichtliche Streitigkeit hier (ab Seite 119).

Die Firma Buchmann & Cie wurde dann im Jahre 1914 in die Aktiengesellschaft Aspasia AG überführt und die Firma hatte bestand bis im Jahre 1975. Eine aussergewöhnlich lange Tradition für eine Toiletten-Seifenmanufaktur trotz der vielen Widrigkeiten, welche die Firma in diesen 100 Jahren erfahren musste. Nachzulesen ist die Firmengeschichte hier.

Meine historische schweizer Seife ist inspiriert von der Aspasia Milchseife. In einer Werbeanzeige in einer Tageszeitung aus dem frühen 20. Jahrhundert konnte ich entnehmen, dass die Milchseife auch aus Lanolin bestand. Der Rest des Rezeptes bleibt für mich im dunkeln.

Meine adaptierte Milchseife Anno 1932:

[ externes Bild ]

Die Farbe dieser Seife ist durch die Tonerde "Vagone grüne Erde" entstanden. Es war früher nicht üblich mit Tonerden zu färben (ausser bei braunen Seifen). Für die Seifenherstellung wurden Anilinfarben benutzt.

Für die Beduftung habe ich mich an das Buch "Die moderne Parfümierie" von 1932 gehalten und grösstenteils den Duft für Milchseifen aus der damaligen Zeit übernommen (künstl. Moschus hatte ich leider nicht und daher musste ich etwas improvisieren). Der Duft der Seife besteht aus den ätherischen Ölen Geranium, Rosenöl künstlich, Nelkenöl und Sandelholzöl (anstatt des künstlichen Moschus).

Meine verwendete Rezeptur:

Je 25% Palmkernöl, Alpenrindertalg aus der Schweiz, Sonnenblumenöl ho, 20% Rapsöl ho und 5% Lanolin. Die Ziegenmilch habe ich beim Bauern aus der Region geholt.

Alle 4 Seifen auf einen Blick:

[ externes Bild ]

Die Lilienmilchseife wäscht sich von diesen vieren bis jetzt am schönsten, gefolgt von der letzten Seife, die trotz ihres jungen Alters bereits ein sehr schönes Hautgefühl hinterlässt. Den anderen beiden Seifen gönne ich jetzt noch eine lange Ruhezeit.

Ein bisschen wehmütig schliesse ich hier mit der Serie, denn sie hat mir wahrlich grosse Freude gemacht. Allzugerne hätte ich während den letzten 4 Wochen den einen oder anderen Ort meiner historischen Reise zur damaligen Zeit besucht. Der Aufwand für die Recherchen betrugen pro Seife 20-30 Stunden und so ist nun für mich Zeit geworden in die heutige Zeit zurück zu kehren und mich den anderen Alltäglichkeiten zu widmen.

Ich sage danke fürs Durchhalten und anschauen ! :gibt_rose:

PS: Die unterstrichenen Wörter sind mit Links hinterlegt - ich hoffe, sie funktionieren alle richtig
Liebe Grüsse aus der Schweiz Sandra :blume_und_schmetterling: Möge der Leim mit Dir sein! :am_herd:
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Karin B.

Re: Abschluss Seifenserie "Historische Seifen" Seife Nr. 4 Milchseife 1932 (CH)

Beitrag von Karin B. » So 24. Sep 2017, 10:32

Wow...eine tolle Seifenserie. Danke für die Reihe und deine Tests. Ich hab das mit ganz viel Interesse verfolgt. Ich glaube, die Lilienmilchseife werde ich im Laufe der Zeit einmal nachsieden.

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binalicious
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Re: Abschluss Seifenserie "Historische Seifen" Seife Nr. 4 Milchseife 1932 (CH)

Beitrag von binalicious » So 24. Sep 2017, 11:08

:kaffee_trinkt_gemuetlich: ...Kaffee hatte ich wirklich in der Hand. :kichern:

Ach wie toll auch diese Geschichte in die Vergangenheit zu lesen ist. Ich habe es genossen. Ich danke dir für die vielen und interessanten Informationen, die du uns hier zukommen lässt :gibt_rose:
Das diese Seife einen leichten Grünton hat, erstaunte mich etwas, aber... ich finde sie wunderschön. :schwaermt2:
Toll ist auch das Foto mit den vier Seifen zusammen da hier die Unterschiede auf einen Blick zu sehen sind.

Als ich die Steinfelsseife sah, fiel mir wieder ein, dass ich im Keller einige Stücke davon lagern habe. Das sind Erbstücke die mir, so lächerlich es für euch klingen mag, sehr wichtig sind. Die haben schon ein paar Jahrzehnte auf dem Buckel und sind von meiner geliebten Grossmutter. Ich kann mich erinnern, dass ich an den Waschtagen mit den Seifenklötzen Türmchen baute wärend mein Mueti die Wäsche an die Leine hing. Lang,lang ist's her. :kichern:
Never underestimate a woman who listens to Prince. O(+>

Bina :kopfhoerer:girl:

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Regina1
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Re: Abschluss Seifenserie "Historische Seifen" Seife Nr. 4 Milchseife 1932 (CH)

Beitrag von Regina1 » So 24. Sep 2017, 12:14

Liebe Sandra
Ein ganz großes Lob an dich. engel_rosa_wolke:
Eine wunderschöne Seifenserie. :daumen_hoch:

Das ist schon was Besonderes und verdient ein großes Lob. :drehstuhl:
Danke fürs recherchieren. :liest:
Liebe Grüße
Gerda
engel_rosa_wolke:

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Hecuba
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Re: Abschluss Seifenserie "Historische Seifen" Seife Nr. 4 Milchseife 1932 (CH)

Beitrag von Hecuba » So 24. Sep 2017, 12:39

och nöööö - schon fertig??? Ich habe die Reihe sehr genossen und finde, Du hast einen würdigen Abschluss gefunden!
Liebe Grüße
Sonja
:kaffee_trinkt_gemuetlich:
Ich freue mich über Euren Besuch auf http://www.kreativseifen.de

Amber

Re: Abschluss Seifenserie "Historische Seifen" Seife Nr. 4 Milchseife 1932 (CH)

Beitrag von Amber » So 24. Sep 2017, 12:46

Liebe Sandra

Eine seeehr interessante und schöne Seifenserie hast du gemacht! Ich habe zwar (meistens) mitgelesen, aber kommentiert habe ich bisher nicht gross. Immer noch sind einige Baustellen in meinem Leben, aber es werden wöchtentlich weniger nicken_freudig:

Alle 4 Seifen haben "Ausstrahlung", ich will auch so nach und nach etwas vertieft nachlesen und nicht nur oberflächlich lesen, denn deine historischen Seifen und deine viele Arbeit (die dir ja durchaus Spass gemacht hat), ist sehr interessant und lesenswert. Vielen Dank, liebe Sandra!

Da du "LUX" Seifen erwähnt hast, ist mir ein Gedichtchen, das ich mit 4-5 Jahren gemacht habe eingefallen, das möchte ich doch hier auch kurz erwähnen.

s'wäsche macht mir villi Sorge
will mi d'Seifi brennt an alle Orte.
Doch wenn dr Vati LUX heibringt,
denn juble iich und wäsch mi gschwind!


Soviel ich mich erinnere habe ich damals einen kleinen Wettbewerb mitgemacht und für meine Altersklasse ein paar LUX-Seifen gewonnen, somit ist das also auch ein etwas historisches Gedicht :kichern:

Liebe Sonntagsgrüsse!

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Petra Trautes
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Re: Abschluss Seifenserie "Historische Seifen" Seife Nr. 4 Milchseife 1932 (CH)

Beitrag von Petra Trautes » So 24. Sep 2017, 15:10

Schade, das die historische Reise hier endet. Ich habe jede Geschicht bzw. den Hintergrund auch ohne Kaffee in der Hand sehr genossen.

Vielen Dank für die Arbeit, die du dafür investiert hast.

Schön auch noch einmal alle vier Seifen in der Übersicht zu sehen und dass du schon berichten kannst, welche dir soweit selber gefallen.

Ja, die Seifen sind "schlicht" auf den ersten Blick, aber gerade das finde ich, macht ihren Wert aus - ich bin verliebt engel_rosa_wolke: engel_rosa_wolke: engel_rosa_wolke:
Liebe Grüße :hexenkessel: Petra

www.seifen-koenigin.de - der etwas andere Seifenblog

palmae
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Re: Abschluss Seifenserie "Historische Seifen" Seife Nr. 4 Milchseife 1932 (CH)

Beitrag von palmae » So 24. Sep 2017, 16:40

Eine wunderbare Seifenserie!! Ich habe jeden Text dazu verschlungen und verbeuge mich tief vor soviel Arbeit/Recherche!!
Ich finde das alle vier, auch wenn sie aus unterschiedlichen Zeiten stammen, gut zusammen passen. Sie sehen sehr historisch aus!! Was für eine Leistung... :kniefall:

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Doc
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Re: Abschluss Seifenserie "Historische Seifen" Seife Nr. 4 Milchseife 1932 (CH)

Beitrag von Doc » So 24. Sep 2017, 17:22

:jubel_reihe: Liebe Sandra,
auch dein leider letzter Beitrag zu diesem spannenden Thema verdient einen "Kotau". :cheerleader:
Die Seife, ganz schlicht gehalten, ist traumhaft schön. Durch Farbe und Stempel wird sie wieder zu etwas Besonderem. Ich habe deine vier Seifen sehr bewundert, keine von ihnen ist schöner oder schlechter als die Andere. Jede für sich und als Serie einzigartig. Dein Ehrgeiz, die Hintergründe der Seifen zu recherchieren, ist bewundernswert. Das spricht für eine starke Verbundenheit mit deinem Hobby. Ich kenne diesen Enthusiasmus, geht mir bei meinem eigentlichen Hobby genauso. Man kann nicht genug Hintergrundinformation bekommen. Wälzt bergeweise Bücher, kämpft sich durchs Internet bis man glaubt alle Informationen zusammen zu haben.
Auch wenn es mir sehr leid tut das die spannende Reise in die Vergangenheit hier endet, kann ich es gut verstehen. Es kostet einfach wahnsinnig viel Zeit und die muss man sich teilweise woanders stehlen.

LG :gibt_rose:
Liebe Grüße Djamil

Leave a little to nature, she understands her business better than we do. :insel:

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mary2222
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Re: Abschluss Seifenserie "Historische Seifen" Seife Nr. 4 Milchseife 1932 (CH)

Beitrag von mary2222 » So 24. Sep 2017, 19:08

Sandra obwohl mir das Ende deiner Seifenoper Tränen in die Augen schiessen läßt, bin ich einfach nur begeistert! :bravo: :daumen_hoch: :bravo:

Boah da hast du aber ein schönes antikes Exemplar Seife ergattert - wow!

Deine Milchseife sieht lecker aus - wie ein Milchshake - und auch alle 4 historischen Seifen zusammen sind sehr zart und traumhaft schön.

Vielen Dank für Deine ganzen Mühen! :herz_blink: :herz_blink: :herz_blink:
Liebe Grüße Mary :blumen_ueberreich:

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http://seifen4um.de/viewtopic.php?f=40& ... 15#p117015

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